Starry Eyes, US 2014

mit Alex Essoe, Amanda Fuller, Noah Segan und Fabianne Therese
Regie: Kevin Kölsch und Dennis Widmyer

Ein junges Mädchen in der Warteschleife der Traumfabrik: Immer wieder nimmt die hübsche Sarah Castingtermine in Hollywood war, lebt in einem Apartmentkomplex mit anderen Wartenden. Sie lernt Texte, denkt und fühlt sich in Rollen hinein und präsentiert das transformierte Ich den Augen der Jury und den Augen der Kamera. Um nicht auf der Straße zu leben, quetscht sie ihren dünnen Körper in die lächerliche Uniform eines Hamburgerladens. Sie gibt ein Stück von sich auf. Im Alltag bedeutet dies, sich im Angesicht von Friteusenfett und des Franchisetraums ihres Managers, eine andere Zukunft auszumalen. Sarah ist fragil, ihre Nerven angeritzt. Ablehnung oder Kritik gehen tief bei ihr, sind kaum auszuhalten. Sie verletzt sich selbst, reißt sich in Stresssituationen immer wieder Haare aus ihrer Pracht. Als sie nach einem Vorsprechen bei ihrem autodestruktiven Ritual erwischt wird, erhält sie plötzlich die volle Aufmerksamkeit der Filmindustrie. Ihr wird die Ehre zu teil, DEN Produzenten zu treffen. Nach erstem Schaudern und Zögern wirft sie auch die geforderte sexuelle Gefälligkeit in die Wagschale, um das Pendel endlich in Richtung Star schwingen zu lassen. Alles hier gleicht einer Messe, einem Teufelstanz mit Pentagramm und stummen Maskendienern. Die Grenze ist überschritten, der Schlüssel zu Erfolg und Anerkennung empfangen. Von nun an verändert sich Sarah. Sie transformiert sich in das, was sie sein soll, sein muss und auch will. Sie bezahlt den Preis für Ihren Traum: die eigene Identität.

„All dreams require sacrifice“ lautet die Subline auf dem Kinoplakat von „Starry Eyes“. Die Regisseure Kölsch und Widmyer zeichnen in teils dokumentarisch anmutenden Instagrambildern, untermalt von goblineskem Synthiesound ein düsteres Bild des Gesellschaftsentwurfs called Hollywood. Eine Maschine. Ein Monster, welches für den Erfolg von jedem ein Opfer fordert. Eine Masse an willigen Träumern, die nur danach fragen, wo oder wann es erbracht werden soll. Ständig in Angst, das eigene Scheitern, die Unzulänglichkeit, den Makel Substanz werden zu lassen. Zu fett, zu undizipliniert, zu gewöhnlich, zu viele. Die entscheidende Ebene Hollywoods wird mit einem satanischen Zirkel metaphorisiert. Dieser treibt die Protagonistin in einen alptraumhaft bebilderten Parcours de Force durch ein Dickicht an Erniedrigung und Ablehnung. Sie gibt nicht auf, aber sich selbst. Der Pakt wird geschlossen, die Seele ist verschenkt. Ihr Körper zerfällt, um als das wieder zu erstehen, was gefordert wird: Der makellose Star geboren aus Blut und Kotze!
Die Metamorphose als letzte Konsequenz der Anpassung. Wer wollen wir sein? Wer dürfen wir sein? Welchen Preis, sind wir bereit zu zahlen? Identität innerhalb einer immer enger werdenden Leistungsgesellschaft. Darren Aronofsky beleuchtete dies im Kontext der Unterhaltungsindustrie vor einigen Jahren bereits eindrucksvoll in Black Swan. Vieles erinnert an seinen Film – das meiste ist hier aber besser, näher dran, näher an der Zeit, näher an uns! Auch Versatzstücke aus Possession kann man, nicht zuletzt dank der großartigen und an Isabella Adjani erinnernden Schauspielleistung von Alex Essoe ausmachen, aber final bleibt ein originäres, ergreifendes Horrorwerk und die Erkenntnis: Hollywood ist überall!

Quelle Beitragsbild: http://dropoutcinemapresse.tumblr.com/