Meine Nächte sind schöner als Deine Tage, Fr 1989

mit Sophie Marceau, Jaques Dutronc, Valerie Lagrange, Laure Killing
Regie: Andrzej Zulawski

Die Entdeckung des Monats: eine amour fou wie es selten eine gab. Von Andrzej Zulawski, dessen Film „Possession“ auf dem letzten Randfest lief, dessen übriges Werk aber kinovorführtechnisch in Deutschland weitgehend unerschlossen ist. Dieser hier hatte zumindest einen ordentlichen Kinostart. Und jetzt, 2016: eine lausig synchronisierte DVD ohne OmU.

Der Film selber ein kleines Meisterwerk des französischen Kinos, welches sich wie ein Schwarzes Loch alles bis dahin Dagewesene einverleibt und vielleicht gerade deshalb über die Jahre weg so gut wie unsichtbar blieb.

In einem Pariser Straßencafe lernt der Informatiker Lucas die Hellseherin Blanche kennen, folgt ihr und mietet sich in einem Luxushotel ein, wo nicht nur sein Sprachvermögen, sondern auch sein Geist sich immer weiter verwirren. Denn Lucas leidet an einer degenarativen Hirnkrankheit, ihm bleiben nur noch wenige Stunden zu leben.

Den Wirbel der Leidenschaften, der Spinnerei und der Albernheit bei gleichzeitigem, fortschreitenden Realitätsverlust inszeniert Zulawski mit konsequenter Rücksichtslosigkeit auf Sinnstiftung und Kohärenz. Die Distanz des Zuschauers zu den Figuren will er mit aller Gewalt aufheben und packt dabei das gestalterische Brecheisen aus, indem er als Regisseur verschiedene Rollen einnimmt: Er ist Fellini, Woody Allen, Godard, David Lynch und Bergman, Bunuel und Polanski, Jodorowski und Verhoeven, und das Ganze in der Schnellspulgeschwindigkeit. Absonderlichkeit und Wiedererkennungswert wechseln sich ab und reißen einen weg wie die Meereswellen, die für die Liebenden in dem Film eine so schicksalschwere Rolle spielen.

Der Natur der Leidenschaft auf die Spur zu kommen, das ist das große Thema von Zulawski. Komisch verschämt und dabei unverschämt – so ließe sich dieser Film bezeichnen, den man gesehen haben muß, um ihn zu glauben. Ein feuchter Traum jedes Filmstudenten, und Fans von Sophie Marceau ohnehin, vorausgesetzt sie haben den Mut, sich vom Strand aufs freie Meer hinauszuwagen.

Bildquelle: www.kino.de