The Green Inferno, USA 2013

mit Lorenza Izzo, Ariel Levy und Aaron Burn
Regie: Eli Roth

Um das Wichtigste gleich vorweg zu nehmen: The Green Inferno ist kein guter Film. Er ist auch keine besonders glückliche Hommage ans Italienische Kannibalenkino der Siebziger. Das wäre auch ein Widerspruch, denn ein gelungener Kannibalenfilm kann alles Mögliche sein – böse, dreckig, schlampig, versaut und abartig – aber auf keinen Fall ein guter Film. Womit ich nicht behaupten möchte, daß „Nackt und zerfleischt“, „Emmanuelle in Afrika“ oder „Die blonde Göttin der Kannibalen“ keine guten Filme wären. Sie sind viel mehr als das: als waschechte Exploitationprodukte beuten sie ihre Sujets so gnadenlos aus, daß sie fast schon unfreiwillig medienkritische Ansätze entwickeln. Sie sind rigorose Schlachtplatten, die ohne Rücksicht auf die eigene Reputation noch den letzten Blutstropfen aus dem Darm ihrer Geschichten zutzeln. Und, was das Wichtigste ist: sie wollen schockieren, den Zuschauer aus seiner Gemütlichkeit reißen – und nicht zeigen, wie junge Mädchen innere Wandlungen erfahren. Aber genau darum geht es bei „Green Inferno“.

Im Mittelpunkt steht eine junge Studentin, die einem charismatischen Umweltaktivisten auf den Leim geht, und im Verlauf eines Urwald-Höllentrips die ein oder andere sinnstiftende Erfahrung macht, die ihr zu einem tieferen Verständnis für die Nöte und Bedürfnisse (um es mal vorsichtig auszudrücken) bedrohter Naturvölker verhilft. Von der Großstadt in den Dschungel zurück in die Großstadt und daran reifen, lautet die Devise.

Daß es weder hier wie dort eine klischeefigurenfreie Zone gibt, ist eigentlich ein Fall für den UN-Sicherheitsrat. Besonders hervorzuheben ist hier der Columbianische Drogendealer, der den Dschungeltrip finanziert und auf Anfrage schon mal ein Päckchen Gras springen läßt. Die Kannibalen schließlich entpuppen sich als illustre Truppe, denen man die Freude an der Beteiligung an einem Spielfilm nur allzu gut ansieht. Roth versäumt es völlig, seinen Stamm mit einem ethnologischen Kontext zu versehen, mit glaubwürdigen Ritualen und Zielen, und so zerfasert das Bedrohungsszenario nach anfänglichen Schreckensmomenten nur allzu bald. Als die Hauptfigur dann auch noch Freundschaft mit einem Indianerjungen schließt, woraufhin der ihr zur Flucht verhilft, ist endgültig der Ofen aus. Der Kannibalentrash entpuppt sich als moralinsaure Survivalstory, die angekündigte Hommage als bloßer Werbegag. Und die schlimmste Folter, die einen (abgesehen vom Gefressenwerden) im Urwald erwartet ist, daß man mal muß und weit und breit kein Klo vorhanden ist. Ich sag ja – amerikanisch. Daß Roth sich nicht nur Südamerika sondern auch weite Teile der Welt außerhalb seiner Heimat (Newton, Massachusetts) so vorstellt, kann man in seinen anderen Filmen bestaunen.

Obwohl im Making-Of viel Aufhebens darum gemacht wird, wie sehr am Arsch der Welt dieser Film gedreht wurde, spürt man auf der Leinwand davon wenig. Zu domestiziert wirkt das Ganze. Zu amerikanisch verklärt. Das werner-herzog-hafte Abenteuergefühl, gepaart mit Augenblicken echten Kontrollverlustes vor der Kamera gehen Eli Roth völlig ab. Auch die wilden Tiere bleiben stets brav auf ihrem Fleckchen sitzen oder dürfen (im Fall von Spinnen) auch mal kameraaffin im Bildvordergrund vorbeikrabbeln. Mehr ist aber auch nicht. Hier schweben weder Mensch noch Tier auch nur ansatzweise in Snuffgefahr – und, seien wir ehrlich – braucht ja auch kein Mensch. Aber ein bisschen mehr Mut zur Subversion und zur Schweinerei hätten trotzdem Not getan. Als Zuschauer fühlt man sich, als hätte man Steak bestellt und bekäme stattdessen nur die Beilagen serviert.

Die billig wirkende Videoästhetik tut sicherlich das Ihre, um den Film vor allzuviel Authentzität zu bewahren. Bis auf den ein oder anderen Splatter-Effekt von KNB gibt es wirklich keinen Grund, warum man sich „The Green Inferno“ anschauen sollte.

 

Quelle Beitragsbild: http://www.imdb.com/media/rm2833163008/tt2403021