Un lac, F 2008

mit Dmitriy Kubasov, Natálie Rehorová, Alexei Solonchev, Simona Huelsemann
Regie: Philippe Grandrieux

Alles ist Dunkelheit. In Grandrieuxs Inszenierung einer Geschwisterliebe mischen sich filmische Wischtechniken mit Epiphanien und nur durch Baumwipfel und den allgegenwärtigen Schnee dringt Licht in die Bilder. In einer fiktiven Nordlandschaft entwickelt Regisseur Philippe Grandrieux die Geschichte einer Familie, deren Verhältnis von Zuneigung und Nähe hinterfragt wird. Die blinde Mutter beobachtet aus der dunklen Höhle ihrer Waldhütte teilnahmslos wie Bruder (Dmitry Kubasov) und Schwester (Natalia Rehorva) in der Einsamkeit die Nähe eines Liebespaares erforschen, bis ein Fremder Holzfäller (Alexei Solonchev) auftaucht und die dunkle Idylle aufbricht. Die Schwester verliebt sich in ihn und ihr Bruder verliert sich in Eifersucht.

So einfach der Plot, so schwierig der Zugang für den Rezipienten.

Grandrieux entwirft ein subjektives Kino, das durch close ups und gezoomter Wackelkamera den Strichtechniken der Impressionisten ähnelt und mutet dem Zuschauer eine tour de force zu, die ihn in den Kinosessel zurückwirft und eigene Bildzusammenhänge erschließen lässt – subjektives Kino wie bei Tarkowskij oder Lynch, nur hier viel technischer, über die Bildsprache und weniger über den Inhalt. Die Schnelligkeit des Bildes wird gleich anfangs ad absurdum geführt: der holzfällende Bruder erleidet beim Abtransport des gefällten Baumes einen epileptischen Anfall und die zuckenden Bilder werden körperlich und gewinnen an Ernstheit. Auch die soundscapes sind noisy: Kratzen, Rauschen und sphärische Ebenen.
Grandrieux bleibt im dritten Film bei seiner Sprache: handlungsarm, verstörende Bilder, kratzender Soundtrack.
Und wenn sich der Zuschauer auf die Sprache einlässt: körperliches Zucken, Augen schließen und die Bilder im Kopf weiterführen.

Quelle Beitragsbild: https://somethingaboutsilence.files.wordpress.com/2012/04/un-lac