Berlinale 2023 – Day twothreefour

Tag zwei und drei und vier oder wie es nach 15 weiteren Sichtungen in mir drin aussieht.

Die gute Nachricht zuerst: Ich habe erneut eine hervorragende Lilith Stangenberg gesehen. Selbst in einer hundsmiserablen Kinoadaption von Jeremias Gotthelfs „Die schwarze Spinne“ hebt sie sich bravourös vom ganzen Freilufttheaterverve des Films eindrucksvoll ab. Spätestens jetzt, eigentlich ja schon seit dem herausragenden „Wild“, bin ich ein echter Fanboy geworden und verfolge all ihre filmischen Taten.

Die bisherige Berlinale-Auswahl an Genre-Beiträgen ist zwar recht breit – u. a. mit Titeln wie „Nightsiren“ (CZ 2022), „The Unsettling“ (USA 2022), „The Creeping“ (USA 2022), „Black Kisses“ (COL, MEX 2022) oder „Dark Windows“ (USA 2022) und „The Harbinger“ (USA 2022) -, doch leider hat bisher keiner dieser Titel dem strengen Blick des Festivalmachers und Freund des visionären Kinos letztendlich standgehalten. Zu schematisch, zu wenig mutig, verstrickt in immer gleiche Narrative, uninspiriert gefilmt und nahezu identisch kommen diese Filme daher: Gut vs. Böse, Vergangenheit vs. Gegenwart, Jung gegen Alt, Glaube vs. Unglaube oder Wissenschaft.
Es sind immer wieder die gleichen Gräben, die sich auftun und die überwunden werden müssen.

Glücklicherweise warten da noch einige vielversprechende Titel a la „New Religion“ (JP), „The Uncle“ (CRO), „Heimsuchung“ (A) oder der neue Quarxx „Pandemonium“ (F 2023) auf mich.
Über die restlichen Sichtungen gibt es nicht viel zu berichten: Einige thematisieren mehr oder weniger die Zeit während der Pandemie und verknüpfen sie mehr oder weniger geschickt mit eigenen (Zukunfts)-Ängsten, Paranoia, Entfremdung oder Ablehnung.
Ein Film wie „Silver Haze“, ein wunderschön gefilmtes britisches Sozialrealismus Drama über die ureigenen Familiendämonen, verliert sich schlussendlich noch in seiner Heile-Welt-Familie-Mystifizierung.
White River“, ein echter „Arthouse-Porn“, der zu 90 Prozent nur aus unterschiedlichsten Kopulationen, Masturbationen und Ejakulationen besteht, verlässt seine Protagonist*innen zu schnell, um sich theoretisierend dem Phänomen von Cuck-Olds und Threesomes zu widmen.
Ob dieses Soft-Porn-Vehikel in Form eines „poetischen Blicks“ auf das neue China Spuren hinterlassen wird, vermag ich nicht zu beantworten.

Zum Schluss der heutigen kleinen Exkursion über den Marktplatz der Berlinale möchte ich noch lobend den schwedischen Coming-of-Age-UFO-SciFi „UFO Sweden“ erwähnen. Die Produktion hat Schwung, sie versteht zu erzählen und enthält unzählige Bonmots für Freunde von Spielberg, Lukas, TKKG und Akte X.

Volker Beller für Randfilm